Wolfgang Paulus, Allgemeinarzt, Hauptstraße 24, 77876 Kappelrodeck (8.2.99):
Diskussionsbeitrag vom 8.2.99 :
Sehr geehrter Herr Kollege Hach,
ich kann Ihren hervorragenden Artikel vorbehaltlos unterstuetzen.
Ich moechte Ihnen noch eineige andere Gedanken zur Staerkung unserer
Position zur Diskussion stellen.
Liebe Frau Kollegin, lieber Herr Kollege,
die Restzahlung von 3/98 ist nun erfolgt und wir haben unseren Wert
kennengelernt. Wie lange wollen wir dieses Fiasko noch ertragen, was ist
der Grund für unsere Misere?
Leistung soll sich wieder lohnen!, dies sind die Worte unseres neuen
Kanzlers und unseres Bundespräsidenten Roman Herzog!
Leistung wird sich immer weniger lohnen, da wir Ärzte dazu verurteilt
sind, das Morbiditätsrisiko zu tragen. Wir haben dies vorwiegend klaglos
ge-und ertragen, solange wir in unseren Praxen einigermaßen ausreichend
gut arbeiten konnten.
Es wird in unserem Beruf viel über Ethik gesprochen. Wir sollten einmal
darüber nachdenken, wo die Ethik bleibt, wenn uns die Anzahl der
Hausbesuche oder der EKG's vorgeschrieben werden. Alleine schon die
Anmaßung, solche Einschränkungen zu erlassen, sollte uns mahnen und
hellhörig machen!
Die Kassen kennen keine Ethik!
Die Kassen klagen über erhöhte Kosten, sie möchten nur gesunde
Mitglieder!
Die Ärzteschaft hatte bislang noch nicht die Möglichkeit, die Finanzen
der Kassen zu überprüfen. Wir hingegen bekommen Prüfanträge, deren
Grundlage aus der Luft gegriffen sind.
Zitat: " ..Bei Prüfanträgen hinsichtlich der Verordnungsweise eines
Arztes werden die Verordnungen grundsätzlich aussortiert. Es ist
demgemäß nicht möglich, die Summe des Quartals durch Vorlegen von
Verordnungen zu belegen. Es können demgemäß weder die angeforderten
Verordnungen des Vorquartals noch die Höhe der Verordnungssumme
nachgereicht werden...." ( Orginalton VdaK-Zentrale Siegburg vom
18.10.96). Wir erdulden also "Luftprüfungen", warten wie das Kaninchen
vor der Schlange auf unser Urteil. Inzwischen wurde "großzügig" eine
Amnestie erlassen! Amnestie bedeutet laut Meyers Lexikon:
"Strafbefreiung, die sich, anders als die Begnadigung, auf eine
unbestimmte Anzahl rechtskräftig verurteilter Täter bezieht" . Wer hat
uns wann wofür rechtskräftig verurteilt?
Diese Amnestie scheint wohl eher auf einer Amnesie der Politiker zu
basieren!
Wir waren einst ein freier Beruf und sind zu drittklassigen Angestellten
der Kassen verkommen. Das muß ein Ende haben!
Die Ersatzkassen sind es im Übrigen auch, die Honorare in Millionenhöhe
vertragswidrig zurückhalten, so daß die KVS dies vermutlich für uns wird
einklagen müssen.
Wir alle sind dem ureigensten menschlichen Gut, dem Leben verpflichtet,
sollen wir dadurch verletzbar werden? Wo bleiben unsere Würde und
Verantwortung gegenüber unseren Patienten!
Es ist nun an der Zeit, daß wir zum Wohle unserer Patienten gegenüber
den Kassen und der Politik unangreifbar und unverletzbar werden! Wir
müssen nun endlich Flagge zeigen um in unseren Sprechzimmern die Ethik
und das Wohl des Patienten hochhalten zu können.
Lassen Sie uns unsere Handlungsfähigkeit beweisen.
Wir sollten - alle gemeinsam- endlich zusammenstehen!
Wenn die Bergleute es schaffen, mit einem Marsch zur Regierung weiter
höchst fragwürdige Subventionen zu erstreiten, dann sollten wir, da wir
keine Subventionen, sondern nur das Recht zur Versorgung unserer
Patienten wollen, mit einer gemeinsamen Maßnahme dieses Recht erreichen
können.
Wir sollten ab einem gemeinsam abgesprochenen Zeitpunkt keine Diagnosen
mehr auf die AU's schreiben. Denn lt. 2. NOG ist die Strafandrohung für
Ärzte, die nicht verschlüsseln, seit 1.1.98 außer Kraft gesetzt.
Die Überlegung ist folgende: Die Patienten haben keinen Nachteil, da die
Arbeitgeber die AU's anerkennen. Die Kassen haben aber ohne Diagnosen
keinen Vorgang und können sich dadurch weder bei Dritten bedienen, noch
haben sie eine Statistik und sind über die 6 -Wochenfrist nicht
informiert, und so bricht die Verwaltung zusammen.
Mit diesem einfachen Verfahren werden wir die Schwäche der Verwaltung
ausnützen und so erreichen, daß die Kassen und die Politik an den
Verhandlungstisch - allerdings ohne Vorbedingungen - über unsere
Vorstellung des freien Arztberufes bewegt werden. Verhandeln ist allemal
besser als 14 Tage pro Quartal kostenlos zu arbeiten!
Wir Unterzeichnenden sind natürlich sicher, daß Sie noch hervorragende
Anregungen und Vorschläge haben und sind über jede Anregung froh.
Lassen Sie uns einen gemeinsamen Versuch wagen, denn vergessen Sie nie:
GEMEINSAM SIND WIR BÄRENSTARK
Wir hoffen auf rege Beteiligung und Anregungen, sowie der Zusage, sich
an dieser Aktion zu beteiligen, zum
01.04.99
Mit freundlichen Grüßen W. Paulus