DAGMAR DORIAS-KUSCHMIERSKI - KLAUS KUSCHMIERSKI
Praktische Ärzte
Hans-Böckler-Straße 32
27578 Bremerhaven
Telefon 0471/65855
24.11.1997
An die
Kassenärztliche Vereinigung
Bremen
Postfach 10 43 29
28043 Bremen
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erheben wir Widerspruch gegen den Abrechnungsbescheid für das
4. Quartal 1996, das 1. Quartal 1997 und das 2. Quartal 1997
(Abrechnungsbescheide ohne Datum) sowie den Beschluß des Prüfungs-
ausschusses vom 1.10.1997 welcher mit dem Ausgangsdatum 20.11.97
versehen ist.
Gestatten Sie uns den Hinweis, daß wir bei einer weiteren zeitlichen
Verzögerung der Bearbeitung unserer Einsprüche entsprechende Rechts-
mittel einlegen werden.
A) Bewertung der Ziffer 18 EBM
Begründung:
Nach § 87 Abs. 2 SGB V bestimmt der EBM das wertmäßige Verhältnis
abrechnungsfähiger Leistungen zueinander. Die EBM-Positionen
10,11,17 und 18 sind zeitgebundene Leistungen, wobei sich die EBM-
Positionen 10,11 und 17 inhaltlich, aber nicht in der Mindestdauer
unterscheiden. Inhaltlich entspricht die EBM-Position 18 den
jeweiligen Positionen, denen sie nach erbrachter Leistung zugeordnet
werden kann - sie unterscheidet sich jedoch in der Mindestdauer.
Da der Wert zeitgebundener Leistungen nur über die Dauer (auch die
Mindestdauer) definiert ist, stellt die Bewertung der EBM-Position 18
einen Verstoß gegen den § 87 Abs. 2 SGB V dar. (Siehe auch B 1.1)
B) Gesamthonorar für das 4. Quartal 1996 und das 1. Quartal 1997
Begründung:
1. Im SGB V § 72 Abs. 2 letzter Satz wird lediglich allgemein darauf
hingewiesen, daß die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet wer-
den. Durch § 75 Abs. 2 wird die Wahrnehmung des Rechtes auf eine an-
gemessene Vergütung den Kassenärztlichen Vereinigungen sowie der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung übertragen. Die hierdurch ent-
stehende gesetzlich fixierte Monopolstellung einer öffentlich-recht-
lichen Körperschaft zur Wahrung und Förderung der Arbeitsbedingungen
des einzelnen Arztes bzw. einer frei gebildeten Vereinigung von Ärzten
steht im offensichtlichen Widerspruch zum Grundgesetz (siehe unten).
Die Regelungen über die Gesamtvergütung ergeben sich aus dem § 85 Abs.
2 und sind im Zusammenhang mit dem EBM sowie den Honorarverteilungs-
maßstäben auf der Ebene der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung
als Berufsausübungsregelung wirksam (§ 85 Abs. 4 SGB V). Sie führen zu
einer verfassungsrechtlich unzulässigen dynamische Verweisung von
Normengebungsbefugnissen an weder rechtsstaatlich noch demokratisch
legitimierte Strukturen im Sinne des Artikels 12 Abs. 1 GG.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluß vom 1.3.1978 fest-
gestellt, daß "eine Verpflichtung, berufliche Leistungen für ein
Entgelt zu erbringen, das erheblich unter den als angemessen geltenden
Regelgebühren liegt, ... verfassungsrechtlich als eine Einschränkung
der freien Berufsausübung zu beurteilen ist.
Interpretationen, welche den Begriff der Angemessenheit auf eine
Gruppe unbestimmter oder bestimmter Größe beziehen, sind nicht nur ein
semantischer sondern auch ein logischer Fehler und widersprechen auch
dem offensichtlichen Individualbezug der Angemessenheit im oben
erwähnten BVG-Beschluß: "Eine Berufsausübungsregelung ..... läßt sich
nicht mehr mit Überlegungen rechtfertigen, bei staatlich gebundenen
Berufen komme es nicht auf eine einzelne Amtshandlung sondern auf die
Angemessenheit des Gesamteinkommens an.
Ein pauschales Gesamthonorar für alle Vertragsärzte bedeutet bei
unbestimmter Leistunganzahl im Falle der Leistungsanzahlvermehrung
eine Minderung der Einzelvergütung. Neben den zum Teil aus den Reihen
der Vertragsärzte individuell erklärbaren Gründen resultierenden
Leistungsanzahlvermehrungen ergibt sich dies auch aus objektiven
Tatbeständen des wissenschaftlichen Fortschrittes sowie aus der
unbeschränkten Leistungsanforderungsmöglichkeit der Versicherten.
Hieraus folgt eine Unbestimmtheit der Leistungshonorierung, die es dem
Gesetzgeber nicht mehr ermöglicht im Einzelfall zu prüfen, ob z.B.
hinreichende Gründe des Gemeinwohls rechtfertigen könnten, ob und ab
wann bei einer Leistungsanzahlvermehrung unzumutbare Opfer von dem
Vertragsarzt verlangt werden. Da von anderen im Gesundheitswesen
tätigen Berufen - Ärzte im öffentlichen Gesundheitswesen, Krankenhaus-
ärzte, Krankenpflegepersonal, Verwaltungsangestellte der Kranken-
kassen, Leistungserbringer im Bereich Heil- und Hilfsmittel usw. -
solche aus Gründen des Gemeinwohls möglichen Kürzungen durch den
Gesetzgeber nicht vorgesehen sind (obwohl diese Berufsgruppen einen
vielfachen Anteil der Kosten im Gesundheitswesen verursachen)
betrachten wir eine Kürzung der Einzelleistungsvergütung wie sie sich
aus dem Konstrukt des pauschalierten Gesamthonorars ergibt als ein
unzumutbares Opfer des einzelnen Vertragsarztes.
An dieser Stelle fügen wir als Bestandteil unseres Widerspruches gegen
die Abrechnungsbescheide der Quartale 4/96, 1/97 und 2/97 das im
Auftrag der KV Nordrhein durch Prof. Dr. Friauf erstellte Rechts-
gutachten zur Frage der Grundgesetzvereinbarkeit der Überbürdung des
Morbiditätsrisikos auf die Vertragsärzte ein (siehe Anlage 1 unseres
Widerspruchs gegen den Abrechnungsbescheid 1/97).
Im übrigen stellt sich die Frage der Grundgesetzkonformität auch an
anderen Stellen des SGB V. Die §§ 95b Abs. 1 und 2 sowie 72a Abs. 3
letzter Satz SGB V stehen mit Sicherheit im Konflikt zu den Artikeln 9
und 12 des Grundgesetzes der auch durch den Art. 19 GG nicht aufgelöst
werden kann.
1.1 Bei der Neufassung des ab 1.1.96 gültigen Einheitlichen Bewer-
tungsmaßstabes wurde von einem als angemessen geltendem Honorar von
180.- DM pro Stunde ausgegangen. Dieser Betrag liegt deutlich unter
dem Honorar vergleichbarer freier Berufe und bedeutet bei einem
durchschnittlichem Kostensatz von ca. 58% (104.20 DM) ein Honorar von
75.60 DM pro Stunde.
Bei einem Punktwert von 0.065302 DM ergibt sich bei unveränderten
Kosten (Helferinnen, Miete etc.) ein Bruttohonorar von ca. 120.- DM
pro Stunde bei den zeitgebundenen Leistungen (z.B. EBM-Ziffern 10,
11,17), dies ergibt einen Stundenlohn vor Steuern und Sozialver-
sicherung von 15.80 DM. Dies entspricht dem üblichem Bruttolohn für
ungelernte Aushilfskräfte im Lande Bremen. Bei der Ziffer 18 mit einer
Mindestdauer von 20 Minuten = 300 Punkte x 0.065302 DM = 19.59 DM
entsteht ein negativer "Stundenlohn von 46.43 DM. Eine solche
Negativentlohnung kann mit Sicherheit nicht mehr als angemessen
bezeichnet werden und stellt nach unserer Auffassung einen eindeutigen
Verstoß gegen den Art. 12 Abs. 2 GG dar.
Im Widerspruch zu dem oben erwähnten Beschluß des Bundesverfassungs-
gerichtes hat das Bundessozialgericht darauf hingewiesen, daß für die
einzelne ärztliche Leistung keine betriebswirtschaftlichen Maßstäbe
gelten, sondern daß die Honorierung ärztlicher Leistungen insgesamt
betrachtet werden muß. In Bezug auf den Abrechnungsbescheid des 4.
Quartals 1996 kann eine Gesamtbetrachtung erfolgen (siehe Anhang 1
unseres Widerspruch für das 4. Quartal 1996).
Die Honorierung ärztlicher Leistungen kann nicht als angemessen
bezeichnet werden, sie erfüllt nicht die Forderungen des § 72 SGB V
Abs. 2 und stellt eine Verletzung des Art. 12 Abs. 2 des Grundgesetzes
dar.
1.2 Nach § 75 Abs. 2 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen
die Rechte der Vertragsärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen.
Das Recht auf eine angemessene Honorierung ist Bestandteil dieser
wahrzunehmenden Rechte.
Aus den §§ 71, 85 und 141 SGB V kann nicht geschlossen werden, daß
Beitragsstabilität nur durch eine Festlegung der Gesamtvergütung für
ärztliche Leistungen erfolgen kann, sondern es müssen alle Bereiche
des Gesundheitswesens betrachtet werden. Wirtschaftlichkeitsreserven
gibt es vielen Bereichen des Gesundheitswesens (siehe Anhang 2 unseres
Widerspruchs für das 4. Quartal 1996).
Der Ausgabenanteil für ambulante ärztliche Leistungen ist trotz eines
erheblich vermehrten Leistungspektrums durch die wissenschaftliche und
technische Entwicklung im medizinischen Bereich in den vergangenen
Jahren stetig rückläufig gewesen - z.Zt. beträgt er cirka 3,5%-Punkte
mehr als das 2-fache der Krankenkassenverwaltungsausgaben - bei einem
mehr als doppelt so hohem Personalbestand im Bereich der ambulanten
ärztlichen Versorgung im Vergleich zur Zahl der Verwaltungs-
angestellten der gesetzlichen Krankenkassen.
Offensichtlich sind Argumente für Wirtschaftlichkeitsreserven in
nichtärztlichen Bereichen des Gesundheitswesens bei Vergütungsverhand-
lungen mit den Krankenkassen nicht eingeführt worden. Aufgrund welcher
Motive dieser Argumentationsverzicht erfolgte, ist unter den gegebenen
gesetzlichen Vorgaben nicht erkennbar; jedoch durch das den Art. 9
des GG verletzenden Konstruktes der Übertragung der aus diesem Artikel
resultierenden Rechte auf eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit
Zwangsmitgliedschaft für eine einzelne Berufsgruppe erklärbar.
1.3 Nach unserer Kenntnis werden Schadensrückforderungen der Kranken-
kassen aus Schäden durch Dritte (z.B. Unfallfolgen) nicht der Gesamt-
vergütung wieder zugeführt, sondern bei den Krankenkassen als sonstige
Einnahmen verbucht. In solchen Fällen wird das Honorar für ärztliche
Leistungen durch die Krankenkassen zwar liquidiert, jedoch nicht an
die betroffenen Ärzte ausgezahlt. Die erbrachten Leistungen werden
über die Kassenärztlichen Vereinigungen aus der Gesamtvergütung
honoriert und mindern somit den Honoraranteil für die übrigen
Leistungen.
Da die aus dem § 85 Abs. 1 SGB V folgende befreiende Wirkung der
Gesamtvergütung sich lediglich auf die Leistungsbeschreibungen des
§ 28 Abs. 1 und SGB V beziehen kann und die Leistungsfinanzierung der
Krankenkassen nach § 3 SGB V durch solidarische Beiträge der Arbeit-
geber und Arbeitnehmer erfolgt, können Rückforderungen an Dritte für
ärztliche Leistungen nicht Bestandteil der Krankenkassenfinanzierung
sein. Die Rückforderungen der Krankenkassen erfolgen entweder
unrechtmäßig - den Krankenkassen entsteht bei dem Konstrukt der
Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung kein Schaden - oder sie
handeln ohne Auftrag für den betreffenden Leistungserbringer oder
deren Gesamtheit und sind somit zur Herausgabe verpflichtet (§ 812
BGB).
Es ist mit hoher Sicherheit anzunehmen, daß eine Verhandlungsführung
über die ärztliche Gesamtvergütung unter Berücksichtigung der oben
angeführten Argumente zu einer Erhöhung der Gesamtvergütung hätte
führen können, ohne die gesetzlich geforderte Beitragsstabilität zu
gefährden. Insofern sehen wir seitens der KBV als auch der KV Bremen
einen Verstoß gegen den § 75 Abs. 2 SGB V. Inwieweit hier und an
anderer Stelle ein Tatbestand nach § 266 StGB vorliegt und Schadens-
ersatzansprüche nach § 823 BGB geltend gemacht werden können, bleibt
zu prüfen.
2. Eine weitere Pflichtverletzung der Kassenärztlichen Vereinigung
und KBV besteht in der Ausgestaltung des Krankenversichertenkarten-
gebrauchs bzw. -mißbrauchs.
Nach § 2 Abs. 4 SGB V haben die Krankenkassen, Leistungserbringer und
Versicherte darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirt-
schaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch ge-
nommen werden. Die Krankenversichertenkarte findet im SGB V lediglich
an 2 Stellen Erwähnung (§§ 15 u. 291). Ihre Verwendung muß deshalb
zwingend unter Berücksichtigung der §§ 2 Abs. 4 und 76 Abs. 3 SGB V
ausgestaltet werden. Die derzeitige Ausgestaltung des Gebrauchs der
Versichertenkarte ist insofern als Verstoß gegen die geforderte
Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit medizinischer Maßnahmen zu sehen.
Der unkontrollierte Zugang zu Leistungen einer Solidargemeinschaft
erfordert in hohem Maß Verantwortungsbewußtsein, Kenntnisse über die
Gestaltung der Solidargemeinschaft sowie über die Leistungsinhalte und
die objektive Einschätzung der Notwendigkeit von Leistungen. Es kann
davon ausgegangen werden, daß diese Faktoren für die überwiegende
Mehrzahl der Versicherten nicht zutreffen.
Die Leistungserbringer können die Forderung der Beschränkung ärzt-
licher Leistungen auf das notwendige Maß bestenfalls im selbst-
gestalteten Handeln erfüllen. Da jedoch Erkenntnisse über bereits
stattgefundene Diagnostik und Therapie in vielen Fällen über den
Patienten nicht vorliegen und von diesem auch nicht mitgeteilt wer-
den, kommt es deshalb zwangsläufig zu Doppel- bzw. Mehrfach-
diagnostik und -therapie. Es sind inzwischen nicht nur Einzelfälle,
daß Patienten (auch Kinder und Jugendliche) mehrere Ärzte des gleichen
Fachgebietes innerhalb eines Quartals konsultieren, daß Patienten
wegen subjektiv wahrgenommener Symptome einen Arzt des falschen
Fachgebietes konsultieren, dadurch nicht notwendige und somit
unwirtschaftliche Leistungen veranlassen und unter dem Zusammentreffen
ungünstiger Umstände - wie z. B. Doppelverordnungen - ihre Gesundheit
erheblich gefährden.
Der wirtschaftliche Schaden solchen Verhaltens für die Vertragsärzte
kann an einem Beispiel der AOK Westfalen-Lippe/Regionaldirektion
Steinfurt-Borken illustriert werden: Ein Versicherter dieser Kasse hat
in Quartalen II und III/96 bis zu 57 Ärzte konsultiert.
Die finanzielle Haftung für solches Fehlverhalten der Versicherten
liegt unter den gegebenen Voraussetzungen (Pauschalgesamthonorar)
allein bei den ambulant tätigen Ärzten.
Das Entgelt für ärztliche Leistungen im Sinne der §§ 70 und 72 SGB V
und damit auch der Anteil des einzelnen Arztes an dieser Gesamt-
vergütung ist nach erbrachter Leistung dessen Eigentum. Die Haftung
für Fehlverhalten Dritter aus diesem Eigentum bedeutet nach unserer
Meinung eine unrechtmäßige Haftung, die nicht durch das SGB V sondern
durch die eine Treu und Glauben der Vertragsärzte verletzende formal
auch nicht dem Gesetz entsprechende Ausgestaltung des Versicherten-
kartengebrauchs bedingt ist. Hier besteht nach unserem Erachten eine
Verletzung des Art. 14 GG.
Insofern betrachten wir die Kassenärztliche Vereinigung Bremen und die
Kassenärztliche Bundesvereinigung nach § 79 Abs. 4 SGB V, § 42 Abs. 1
SGB IV, § 839 BGB und Art. 34 GG sowie die Krankenkassen als
schadensersatzpflichtig für den nicht den §§ 2 und 76 SGB V
entsprechenden Gebrauch der Versichertenkarte durch die Versicherten.
3. Änderungen des EBM bzw. der regionalen Honorarverteilungsmaß-
stäbe haben in der Vergangenheit jeweils nur zu einer kurzfristigen
"Stabilisierung des Punktwertes geführt. Aufgrund des relativ rasch
erkennbaren geänderten Abrechnungsverhaltens und anderer Strategien
mancher Vertragsärzte waren in der Vergangenheit z.T. juristisch
fragwürdige Korrekturen erforderlich, um zumindest den Anschein einer
Honorargerechtigkeit zu wahren.
3.1 Wir verweisen auf das Sonderrundschreiben der KV Bremen, Bez.-
Stelle Bremerhaven vom 7.5.1990. In den vergangenen 7 Jahren hat sich
an der in diesem Schreiben dargestellten Grundproblematik nichts
geändert.
Die in diesem Schreiben kritisierte Leistungsausweitung einer Reihe
von Fachgruppen ist in vielen Fällen medizinisch nicht begründbar, sie
besteht unverändert fort - wie aus Berichten von Patienten und manchen
Arztbriefen hervorgeht - und widerspricht fundamental dem § 28 Abs. 1
SGB V. Wenn die Kontrolle einer solchen Leistungsausweitung der KV
nicht möglich ist, kann nur eine durch den § 85 Abs 2 SGB V abgedeckte
grundlegende Veränderung zu einer stabilen und kalkulierbaren
Honorierung ärztlicher Leistungen führen. Daß die gegenwärtigen
Maßnahmen nicht geeignet sind dieses Ziel zu erreichen, geht aus
Verlautbarungen einiger KV-Funktionäre hervor, in denen bereits jetzt
zukünftige Änderungen des erst ab 1.7.97 geltenden Honorierungssystems
in Aussicht gestellt werden.
3.2 Erschwerend im Sinne einer weiteren Punktwertabsenkung wirken
"neuere Strategien mancher Vertragsärzte, die z.B. über Mietvertrags-
gestaltungen von ihnen vermieteter Praxisräume Zuweisungen zu anderen
Fachgebieten veranlassen oder über die "Zusammenarbeit mit Pflege- di
ensten versuchen, ihren Patientenstamm zu erweitern, indem ein nicht
ngeforderter Aztbesuch im Rahmen eines Pflegeeinsatzes erfolgt.
Vom Hörensagen aus dem Kreis der Vertragsärzte ist mindesten je ein
solcher Fall in Bremerhaven bekannt und bei der Ärztekammer Bremen
anhängig.
Weiter wird aus Patientenkreisen berichtet, daß von einem Vertragsarzt
Untersuchungen zur Eignung als Taxifahrer nur nach Vorlage eines
Krankenscheines bzw. in jüngerer Zeit nach Vorlage der Versicherten-
karte (trotz laufender Behandlung bei einem anderen Vertragsarzt)
vorgenommen werden und für den zu Untersuchenden kostenlos erfolgen.
Ob diese Behauptungen der Wahrheit entsprechen, kann sicherlich durch
die bei der Schwere des bestehenden Verdachtes notwendigen staats-
anwaltschaftlichen Ermittlungen geklärt werden.
C) Kürzung des Honorars durch fallbezogene Abstaffelungen
und Vertikalvergleich
Auch hier ergibt sich der grundgesetzwidrige Zwang zu nicht
honorierter Leistungserbringung. Die unter C) 1 dargelegten
Argumente gelten sinngemäß auch für diesen Punkt unseres
Widerspruchs.
D) Kürzung des Honorars durch "sachlich/rechnerische Berichtigung,
Streichung von Gebührenornungsziffern
1. Ohne Benennung des Patientennamens ist unsererseits keine
Kontrolle der Rechtmäßigkeit der sachlich/rechnerischen Berichtigung
möglich, evtl. "Zahlendreher (z.B. 2120/2220) und ähnliche Fehler
können deshalb nicht geklärt werden.
2. Die Abrechnung der Ziffer 451 bedarf keiner gesonderten
Genehmigung.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß der Punktwert durch nicht
unseren Einflußmöglichkeiten unterliegende Vorgänge wie
nicht gesetzeskonforme Abrechnungen durch einen Teil der
Vertragsärzte,
unwirtschaftlichen Gebrauch der Versichertenkarte durch
Vertragsärzte und Versicherte,
nicht die Rechtslage ausnutzende Verhandlungsergebnisse der
Vertragspartner im Sinne des SGB V über das Gesamthonorar
und durch grundgesetzwidrige Gesetze bzw. Gesetzesinterpretationen
erheblich unter der bei der Neufassung des EBM diskutierten Summe
von ca. 0.10 DM liegt. Wir fordern für das 4. Quartal 1996 und das 1.
Quartal 1997 sowie alle folgenden Abrechnungszeitraäume eine
Abrechnung auf der Basis eines Punktwertes von 0.10 DM.
D. Dorias-Kuschmierski K. Kuschmierski